Frau Holle und der Kinderzug
Es war einmal eine junge Frau, der starb ihr Kind ungetauft und so wurde es nicht auf dem geweihten Friedhof beigesetzt. Und der Schmerz der Frau darüber war beinahe so groß wie über den Verlust des Kindes.
Nun wohnte am Ende des Dorfes eine weise Frau, viele hielten sie auch für eine Hexe. Man sprach, daß sie viel mehr wissen würde von dem, was zwischen Himmel und Erde vorgeht, als die normalen Sterblichen.
Nun kam kurz vor Weihnachten, die junge Frau zu der Alten und klagte ihr Leid.
Die Alte aber sagte: "Du brauchst darüber nicht traurig zu sein. Ich gebe dir jetzt einen Rat, und das wird dir zum Trost gelangen. Am Frau Holle Abend, warte am Kreuzweg. Das wird dir Trost bringen."
Am Frau Holle Abend ging nun die junge Frau zum Kreuzweg und wartete dort unter dem Holunderbaum. Es wurde neun Uhr, es wurde zehn Uhr, und sie hörte vom Dorf elf schlagen. Kaum hatte die Glocke ausgeschlagen, da hörte die Frau ein Singen. Sie sah einen Zug Kinder, und vor ihnen schritt eine hohe, schöne Frau.
Wie sie näher kamen, da sah die junge Frau, daß sie gerade ihr kleines Töchterchen an der Hand hatte. Und Frau Holle wandte sich zu ihr und sprach:
"Du mußt nicht traurig sein. Siehe, jedes Jahr an meinem Abend hole ich alle Kinder, die ungetauft verstorben sind und bringe sie in meinen Garten. Sie werden es dort schöner haben, als sie es je auf Erden gehabt hätten."
Und dann winkten sie ihr noch einmal zu und verschwanden. Seit diesem Abend war nun die junge Frau getröstet.
Aus:
Sigrid Früh, Rauhnächte - Märchen, Brauchtum, Aberglaube
Board Märchengarten - Lernumgebung des Zug der Zeit
Anmerkung: In diesem Märchen kommt auch zum Ausdruck das Motiv des Psychopompos, des Seelenbegleiters, der die Sterbenden hinübergeleitet in das Reich der Toten, in das Reich der Wiederkehr. Es ist die Aufgabe der Priester, der Schamanen, die aus der Hand von Frauen genommen wurde in vielen spirituellen und religiösen Traditionen. Heide Göttner-Abendroth, (die Ursprüngliche ...) macht darauf aufmerksam, dass auch Hel eine solche Priesterin und segnende Wegbegleiterin der Sterbenden ist auf dem Weg ins Totenreich. Die germanische Interpretation der Hel als tötende Göttin wird leider auch in rechtsextremistischen Kreisen benutzt, ganze Märchenstraßen in Deutschland stehen sich in Fronten gegenüber, die Schlacht auf dem Büchermarkt tut ihr übriges dank zahlreich strömender Finanzquellen, und das Luntelegen von Frauen nutzt diversen Organisationen. Ermittlungen bitte ohne nähere Angaben, Hybride Kriegsführung.
Das Motiv der Oonagh und Prince Arthur ist ein Bild, das die segnende Funktion zum Ritter und die segnende Funktion auf dem Weg des Überganges darstellt. (Aus Sicherheitsgründen im Kriegsjahr 2024 erfolgt diese ergänzende Bemerkung nun ersten zu einem späteren Zeitpunkt! Ich bitte um Verständnis. A.H. - Asta Löwenthal) Das Motiv des Segens kennen viele auch durch die filmischen Umsetzungen in "Die Nebel von Avalon". Das Buch zum Film ist - am Rande bemerkt - eine feministische Um-Interpretation des patriarchalen Herrschaftsmodell und wird von diversen feministischen Strömungen missbraucht.
In der jüdischen Tradition gibt es die Rolle der schauspielernden Toten, Dybukks, die die Toten spielen sollen in der Welt des Übergangs und der Wiederkehr. Siehe dazu beispielsweise "The Hebrew Priestess" von Jill Hammer, nun Rabbi Dr. Jill Hammer. Diese Traditionen wurden insbesondere in Mittel- und Osteuropa durch Frauen auch in den Shtetl aufrechterhalten, so lange es möglich war. Sogenannte reformbewegte Gruppen haben diese Traditionen nicht mehr fortgeführt, der Erste Weltkrieg und der Zweite vollbrachte ganze Arbeit!
Im Mondseer Glossar um 1000 n.Chr. heißt der Dreikönigstag "zi der Perahtun naht" oder "giperatha naht", die "Nacht der Leuchtenden" (Fußnote). Die Percht als Personifikation der Perahtun bzw. "Perchtennacht".
"Die Nacht auf Dreikönige (heute 6. Januar) wird schon um das Jahr 1000 als perabtun naht, die leuchtende Nacht beschrieben. Das Wort geht zurück auf das althochdeutsche perahta, leuchtend. Daraus entwickelte sich die Perchtennacht, das heisst die Nacht der Frau Percht". (Fußnote)
Teilweise zitiert aus:
Wolfgang Bauer, Sergius Golowin, Christian Rätsch, Clemens Zerling,
Das Lexikon des Dunklen. Mythen - Kunst - Musik.
Von der Antike über die Romantik bis zur Gothic-Kultur