Ergänzung zum Beitrag. Im Shtetl - Die Klause. Was? Wer sagt "Zigeunerküche"? Erinnert sich jemand an die Bilder zur abgerissenen Zigeuner-Synagoge in Prag zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Lernumgebung des Zug der Zeit? Auch sie stand der Reformbewegung wohl im Wege. Kleine Anmerkung am Rande: Richtig! 78 Tarotkarten sind es. Und der offizielle Todestag des Uralten. Nicht doch ... !
Und nun ein Zitat aus: Nachum D. Gidal, Die Juden in Deutschland. Von der Römerzeit bis zur Weimarer Zeit, Verlag Könemann, S. 104 f
"In den hundertfünfzig Jahren zwischen dem Dreißigjährigen Krieg und dem Ende des 18. Jahrhunderts wuchs die Einwohnerschaft Deutschlands um das Dreifache. Die Zahl der Juden nahm noch mehr zu. Besonders schlimm wurde die Lage der verarmten, besitzlosen Juden. Wegen ihrer Religionszugehörigkeit konnten sie sich nicht in der produktiven Gesellschaft hocharbeiten, sie wurden weder in das Heer aufgenommen noch in den Staatsdienst. Sie durften sich nicht als niedrige Arbeiter verdingen, kein Handwerk lernen, nicht in der Landwirtschaft arbeiten. Vor allem erhielten sie nirgends eine Niederlassungserlaubnis; es sei denn, sie konnten sich in eines der reichsritterlichen Dörfer, in Hessen gab es etwa dreihundert, für eine erkleckliche Summe einkaufen. Diese Summe war immerhin niedriger als in den Städten. In manchen Burgbezirken entstanden so ganze Judenquartiere, zum Vorteil des Burgherrn, dessen loyale Diener diese Juden waren.
Zur untersten Stufe der jüdischen Subsistenzgesellschaft gehörten auch wandernde Studenten und jüngere Söhne ansässisger Juden, die kein Heiratsprivileg erwerben und denen die Eltern aus finanziellen Gründen auch kein Wohnrecht kaufen konnten. Hinzu kamen die Vaganten und Bettler und die Massen heimatloser Flüchtlinge aus Pogromgebieten.
(Bild: Szene aus Schillers 'Räubern' (1781). Im Vordergrund Karl Moor und sein jüdischer Kumpan Spiegelberg, 'der Beschnittene')
Es entwickelte sich so eine Schicht, die sich mit deklassierten Christen (denen aber eine legale Rückkehr in die Gesellschaft möglich war) auf ökonomisch-sozialer Ebene traf. Diesen Unterpriviligierten bot sich keine Möglichkeit irgendeiner legalen Tätigkeit mehr, nur noch der Weg gegen die Gesellschaft. Als Heimatlose waren die jüdischen Bettlerscharen besonders gefährdet. In einem Edikt vom 31. August 1712 verordnete Herzog Anton Ulrich von Braunschweig zum Beispiel, dass 'Betteljuden ... zum ersten mahl mit harter gefängniss auf zehen bis vierzehen Tagen beleget/in die ärgsten Hundelöcher geworffen ... zum zweyten mahl mit staupen-Schlägen und einem Brandmahl beleget/zum dritten mahl aber mit dem Strang bestraft werden'.
Eine Minderzahl wurde von den wohnberechtigten Juden als rechtlose Hausbedienstete, Hauslehrer (wenn es sich um vagierende Talmudstudenten handelte) und Gemeindeangestellte aufgenommen; zumeist waren diese Tätigkeiten vorgetäuscht, da ja all diese Berufe überlaufen waren. Andere zogen als Musikanten und Gaukler von Markt zu Markt. Die überwiegende Mehrheit wanderte in Gruppen bettelnd von Ort zu Ort. Die Bettler durften in den Armenherbergen der jüdischen Gemeinden zwei Tage bleiben, wurden verköstigt und dann weiter auf die Reise geschickt. So sind zum Beispiel in dem bayrisch-schwäbischen Städtchen Harburg im Ries in vier Monaten des Jahres 1721 mehr als 700 Betteljuden durchgezogen, die in Gruppen von 'zehn, fünfzehn oder zwanzig beisammen in einem Judenhaus auf dem Heu liegen' - worauf der Oberamtmann ein Edikt gegen die Beherbergung von Betteljuden bewirkte. Sie wurden von Ort zu Ort weitergeschoben.
Parallel zu diesen nichtjüdischen bildeten sich in dieser Subsistenzschicht jüdische Gauner-, Diebes- und Räuberbanden. Einige wenige schlossen sich jüdischen Banden an, einige wenige Juden den nichtjüdischen. unter den sechs Bandenmitgliedern des berüchtigten Schinderhannes zum Beispiel befand sich auch Amschel Riederburg, ein Jude aus Rödelheim. Ein Jude aus der Bande des bayerischen Hiasl hat vielleicht Friedrich Schiller als Vorbild für den Räuber Spiegelberg in den 'Räubern' (1781) gedient. In einer Variante der zweiten Auflage sagt Spiegelberg zu Moor: "wie wär's, wenn wir Juden würden, und das Königreich wieder auf's Tapet brächten?" Moor antwortet: "Ach, nun merk' ich - du willst die Vorhaut aus der Mode bringen, weil der Barbier die deine schon hat?"
Die jüdischen Banden besaßen zum Zweck interner Verständigung mit Hilfe von verballhornten hebräischen Wörtern eine eigene Gaunersprache, deren Sinn auch den Juden bürgerlicher Schichten unverständlich bleiben sollte. Viele von diesen Wörtern und Redewendungen wurden von nichtjüdischen Banden, die mit ihnen ja gesellschaftlich und beruflich verkehrten, übernommen. So bildete sich das Rotwelsch heraus. ('Rot' = Rotte; mittelhochdeutsch; 'welsch' = französisch, ausländisch, unverständlich) wie es von Polizeibehörden und Schriftstellern, aber auch im Volk genannt wurde. Bei den Banden selbst hieß es Chochemer Loschn, eine nur den Eingeweihten verständliche Sprache. (Das hebräische Wort 'Chochem' = Gelehrter, Weiser bekam den Sinn des Eingeweihten; aus 'laschon' = Sprache wurde 'loschn'.)
Als Kriminelle blieben die Banden von der übrigen Judenheit ausgeschlossen. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass viele von ihnen die jüdischen Sabbatgesetze einhielten und dass gefangene Diebe und Räuber mit sehr geringen Ausnahmen das Hängen und Verbranntwerden der Taufe vorzogen. Gefaßte jüdische Diebe wurden meist gefoltert. Polizeiberichte stellten mit Bewunderung fest, daß die jüdischen Kriminellen oft die Folter überstanden, ohne Aussagen über ihren Komplizen zu machen.
Das perfekt organisierte Bandenwesen machte es den einzelnen Mitgliedern möglich, einen bestimmten Teil ihrer Beute in eine Gemeinschaftskasse einzuzahlen. Aus dieser Kasse wurden kranke Bandenmitglieder und die Familien von Freunden versorgt. Für einige bot das Stehlen und Rauben ironischerweise die Möglichkeit des Aufstiegs in die bürgerliche Gesellschaft. Sie konnten sich zum Beispiel mit dem geraubten Geld das Wohnrecht bei Burggrafen erkaufen, dort ein bürgerliches Scheinleben führen und ihre Kinder normal aufwachsen lassen. "Es ist merkwürdig", schrieb ein Richter, der über eine jüdische Gaunerbande zu Gerich gesessen hatte, "daß die meisten Diebesjuden unter Reichsritterschaftliche Herrschaften sich in Schutz zu begeben pflegten". Im Gebiet ihres Schutzherrn übten die jüdischen Banden niemals Gaunereien und Diebstähle aus.
Andere Quellen:
http://www.bpb.de/internationales/europa/sinti-und-roma-in-europa/179536/ein-unbekanntes-volk-daten-fakten-und-zahlen?p=all
https://zentralrat.sintiundroma.de/sinti-und-roma-zigeuner
http://solidos.blogsport.de/2015/06/05/die-juden-sind-die-heimlichen-zigeuner-der-geschichte/
Ein unbekanntes Volk? Daten, Fakten und Zahlen | bpb
www.bpb.de › internationales › europa › sinti-und-roma-in-europa › ein-u...
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https://zentralrat.sintiundroma.de › sinti-und-roma-zigeuner
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